Übergreifende UX in agiler Entwicklung
- Autor Björn Frieling
- Kategorien Agile
- Date 8. Dezember 2019
Übergreifende UX und UX in agilen Teams ist nicht immer einfach. Ein Problem in solchen Frameworks ist es oft eine übergreifende UX zu schaffen. Einige Projekte und Unternehmen versuchen dieses Problem mit eigenständigen UX Teams zu lösen. Aber dies ist nicht immer die beste Wahl.
UX Gilden
Viele Projekte und Unternehmen haben Gruppen, welche teamübergreifende Absprachen treffen. Dafür ist UX genauso prädestiniert wie zum Beispiel Software Architektur. Bei einigen Projekten wird dies als Gilde bezeichnet, aber auch andere Bezeichnungen sind hier geläufig.
Was ist die Aufgabe einer solchen Gruppe? Eine UX Gilde sollte vor allem dem Austausch zwischen den UX – Professionals der einzelnen Teams dienen. Aber es geht nicht nur darum, dass sich die einzelnen Personen treffen und einen Kaffeeklatsch machen, sondern auch um Themen, die bei den Teams aktuell anstehen.
Des Weiteren müssen aus diesen Gilden auch immer wieder Aufgaben kommen. Gerade User Requirements, als auch Tests sollten über solche Gilden geplant und verwaltet werden. Ob eine solche Gilde nun einen ‚Vorsitzenden‘ hat oder sehr heterarchisch verwaltet wird, ist dabei sekundär.
Infobox
Heterarchie ist ein System von Elementen, die nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis stehen, sondern mehr oder weniger gleichberechtigt nebeneinander.
Übergreifende UX - Rollen
Wie schon im vorherigen Artikel UX in agilen Teams genannt, kann eine übergreifende Rolle der User Researcher sein. Gerade was Synergien zum ganzheitlichen Testen angeht, ist diese Rolle enorm wichtig. Gerade auch wenn das Testing oft ausgelagert wird, ist eine solche übergreifende Koordination notwendig.
Eine weitere Rolle die übergreifend gut arbeiten kann, ist der UX Strategist. Diese Rolle beinhaltet eine ganzheitliche UX oder auch Customer Experience. Der UX Strategist ist dafür zuständig, den gesamten Prozess und Lifecycle der Produkte und des Unternehmens im Überblick zu haben. Seine Aufgabe besteht aber vor allem auch darin diese Strategien in die Teams hinein zu tragen.
Weitere übergreifende Rollen im UX Bereich sind erst einmal nicht notwendig. Schnittstellen zu anderen ggfs. übergreifenden Rollen können aber entstehen, wenn es um Brand Marketing, UI Designs, Pattern Libaries, Data Scientists etc. geht.
Wichtig ist, dass eine übergreifende Rolle nicht zwangsweise nur von einer Person ausgefüllt wird. Je nach Anzahl der Teams kann es hier zu mehreren Ansprechpartnern kommen.
UX Bibliotheken
Pattern Bibliotheken haben diverse Vorteile für dich als Teil eines UX Teams. Du kannst die UI Pattern gut nutzen und musst nicht alles selbst definieren. Auch musst du dir dann weniger Gedanken um die CI (Corporate Identity) oder Konsistenz der Seite machen.
Einschränken werden dich die UX Bibliotheken allerdings auch. Denn nicht immer finden deine Patterns ihren Weg in eine solche Bibliothek. Auch das Verwalten ist meist oft einfacher gesagt als getan. Dennoch lohnt es sich mittel- und langfristig solche Bibliotheken aufzubauen.
Am besten ist es wenn es nicht nur eine Code UI Bibliothek in Form von HTML und CSS Komponenten gibt, sondern auch eine für Design und UX Tools wie Axure, Sketch, oder was auch immer ihr in eurem Projekt gerade verwendet.
Testing und Analytics
Wie schon in den vorherigen Artikeln (UX in agiler Entwicklung und Das UX – Team in agiler Entwicklung) erwähnt, ist es wertvoll User Research und Analytics Daten zu euren gemessen KPIs übergreifend zu teilen. Auch wenn Tests nicht unbedingt immer genau dein Thema treffen, so können einige Erkenntnisse zum Beispiel über die Verwendung von Patterns auch für deine Arbeit wertvollen Input liefern.
Auch lassen sich oft Synergien über einzelne Teams hinweg gerade bei der User Research finden. Das spart Zeit und Geld und liefert meist auch bessere und validere Ergebnisse. Auch musst du die Nutzer nicht immer selbst akquirieren. Hier lohnt es sich UX übergreifend über die Entwicklungsteams hinweg einzusetzen.
Auch bei den KPIs lassen sich sicherlich Synergien finden. Gerade was User Flows angeht. Ein Beispiel: Falls du für den Checkout Prozess des Shops verantwortlich bist, ein andere UXer allerdings für die Produktseiten und wieder ein Anderer für die Suchen und das Filtern, dann lässt sich ein realistischer Usability Test nur übergreifend erstellen.
Auch eine globale Navigation lässt sich nur durch übergreifende UX wirklich gut erstellen. Nicht nur ein Card Sorting ist an dieser Stelle wichtig, auch die dahinterliegenden Geschäftsprozesse müssen erfasst werden. Gerade dafür ist der Input eines jeden Team – UXer notwendig.
Sparring und Autonomie
Neben den Synergien ist eine übergreifende UX auch für dich als Mitglied eines Entwicklungsteams notwendig. Gerade im kreativen Bereich hilft es oft einen Sparringspartner zu haben und Ideen austauschen zu können. Nicht immer nur in interdisziplinären Teams, auch hilft es oft wenn andere UX – Professionals ihre Augen auf deine Ideen, Konzepte und Lösungen werfen.
Gerade in UX sind die Facetten so unterschiedliche und viele UX – Professionals haben einen unterschiedlichen Background und unterschiedliche Erfahrungen. Kein Produkt ist wie ein anderes, aber ab und an hilft die andere Perspektive durchaus weiter.
Eine Gefahr bei übergreifender UX ist die eigene Autonomie. Gerade im Consulting, wenn die einzelnen UX – Professionals aus unterschiedlichen Firmen kommen, kann es hier zu Konflikten kommen. Daher ist es wichtig, dass ihr von Anfang an in eurer Gilde klar macht, dass am Ende jeder für sein Entwicklungsteam verantwortlich ist und neben dem PO (Product Owner) die Verantwortung für die UX darin bei euch liegt. Kommuniziert dies klar und deutlich und holt euch dabei falls notwendig auch die Rückendeckung von eurem Team und vor allem dem PO ab.
Fazit
Eine übergreifende UX ist in den meisten Projekten eine Notwendigkeit. Wenn diese gut organisiert ist, könnt ihr viele Synergien über die Teams hinweg finden und eure Arbeit effizienter und qualitativ hochwertiger gestalten. Die Vorteile überwiegen an dieser Stelle klar die Nachteile. Wichtig bei der Kommunikation ist es, dass ihr euer gemeinsames Interesse, nämlich den Nutzer zufrieden zu stellen in den Mittelpunkt einer jeden Diskussion rückt. Im Zweifel heißt es einfach, testet die unterschiedlichen Ideen.