UX Fehler: Die 3 Häufigsten beim Erstellen einer Website
Im Internet gibt es Millionen von Websites. Viele haben mittlerweile einen gewissen Standard erreicht. Diese haben durch Themes meist ein ordentliches Layout und eine praktikable Usability. Aber wie wir wissen, ist User Experience weitaus mehr als nur ein schönes Design mit guter Usability. Es gibt Fehler, die viele Stakeholder und auch noch viele Anfänger im UX immer wieder machen. Damit du diese vermeiden kannst, stellen wir dir hier die 3 häufigsten UX Fehler vor, die wir regelmäßig in unseren Projekten beobachten können.
1. „Wir haben da schon einmal einen Entwurf gemacht“
In vielen Projekten, in denen ich bereits gearbeitet habe, fängt es oft so an. Wir haben eine Idee und auf Basis dieser Idee werden direkt erste Entwürfe gemacht. Das ist nicht schlecht, aber leider führt es oft dazu, dass alle an diesem Entwurf bis zum bitteren Ende festhalten. Wenn man Änderungen hineinbringen will, ist das oft schwer. Falls du die Möglichkeit hast, solltest du direkt am Anfang mit deinem Team und den Stakeholdern einen Design Thinking Workshop machen. Dadurch sprechen dann alle Beteiligten über die gleiche Problemstellung.
Ideen sind gut. Auch erste Entwürfe, um die Idee im Kreis der Stakeholder kommunizieren zu können, sind wichtig. Aber dennoch solltest du dich nach der Präsentation der Idee wieder auf den User Centered Design Prozess beziehen. Bevor du nun also deine Idee ausgestaltest, musst du ein gutes User Requirements Engineering machen.
Kenne deine Nutzer
Du musst wissen, welche Bedürfnisse deine Nutzer bei der Nutzung der Website haben. Diese Nutzerbedürfnisse sind elementar für eine gute User Experience. Wenn du nicht weißt, was dein Nutzer eigentlich will, dann wirst du eine Website haben, die dem Nutzer nicht helfen wird. Das wiederum hat unmittelbaren Einfluss auf deine Conversion- und deine Bounce – Rate.
Es ist daher sehr ratsam, bevor du wirklich mit den ersten konkreten Konzepten loslegst, mit einem guten User Requirement Engineering zu beginnen. Auch deine Entwickler werden vorab überlegen, welche Technologien sie nutzen und welche nicht. Wenn du schon konkrete Funktionen im Kopf hast, welche deine Website unterstützen soll, dann empfiehlt es sich zum Beispiel einen KANO Fragebogen von deinen Nutzern ausfüllen zu lassen.
Mentales Modell und Tonalität
Wenn du über den Aufbau deiner Seite nachdenkst, dann kannst du schon sehr früh an deine Nutzer herantreten und diese ein Card Sorting machen lassen. Dadurch erhältst du auch direkt einen Einblick auf deren mentales Modell. Gibt es Konkurrenzseiten? Perfekt, mach einen Usability Test zu den Benchmark Seiten deiner Konkurrenz und finde deren Fehler und vermeide diese bei deiner Website.
Wenn du deine Nutzer kennst, dann hast du auch die Möglichkeit diese besser anzusprechen. Bei der Content Erstellung solltest du darauf achten, dass dieser deine Nutzer direkt anspricht. Das gilt nicht nur für Videos und Fotos, sondern vor allem auch für den Text den du verwendest.
Last but not least, starte nicht direkt mit High-Fidelity-Prototypen und Tools wie Sketch oder Axure. Mach einem Paper – Pencil – Prototypen und teste diesen. Das kannst du sogar anfangs mit deinem eigenen Team machen, im Guerilla Testing oder bei kleineren Events wie dem Usability Testessen.
Wichtig ist, lerne deinen Nutzer erst kennen, bevor du Lösungen für seine potentiellen Probleme entwirfst!
2. „Ein Entwurf reicht vollkommen aus!“
Oft ist Zeit ein wesentlicher Faktor beim Erstellen einer Website. Aber nicht nur die Zeit ist ein Problem beim Erstellen einer Website. Auch das Ego kann im Weg stehen. Gerade als UXer unterliegt man schnell dem eigenen Ego. Du hast Stunden für einen Entwurf gebraucht und du hast alles durchdacht und dann muss es jetzt auch dieser Entwurf sein.
Hinzu kommt oft die Fehlerkultur in sehr vielen Unternehmen und eben auch in vielen agilen Projekten. Der erste Entwurf muss gleich richtig sein, alles andere kostet sonst zu viel Zeit und Geld. Daher ist es wichtig, dass du als UXer in agilen Teams wie SCRUM sozusagen einen Dual – Track fährst. Du musst zeitlich vor deinem Team arbeiten. Auch die Nielsen Norman Group verweist auf dieses Modell in Ihren Fortbildungen. Dies verschafft dir die notwendige Zeit mehrere Entwürfe machen zu können.
UX Fehler: Ich kann das alleine – Besser: Beziehe dein Team mit ein
Nimm dir die Zeit und mache konträre Entwürfe. Stelle diesem deinem Team vor und lass dein Team deine Entwürfe challengen. Welche Aufwände sind damit verbunden? Wo musst du möglicherweise Design Tradeoffs eingehen?
Ganz wichtig ist, als UXer solltest du dich nicht nur als Teammitglied sehen, sondern auch als Berater für dein Team der eine UX Strategie verfolgt. Lass dein Team partizipieren. Nicht umsonst sagen alle agilen Vorgehensweisen, dass ein Team heterogene Fähigkeiten haben muss. Jede Perspektive zählt. Wichtig ist, dass du die Nutzerbedürfnisse mit den Geschäftszielen in Einklang bringst.
Deine Entwürfe sollten verschiedene Aspekte beinhalten. Eine Empfehlung an dieser Stelle ist, lass Farben usw. noch außen vor. Dein Team und die Stakeholder sollten an dieser Stelle die Interaktion mit der Website bewerten. Würden sie so alle möglichen Bedürfnisse deiner Nutzer erfüllen?
Typischer UX Fehler – Am Anfang wird zu komplex gedacht
Ein anderer Tipp ist: Fang nicht mit den kompliziertesten und Extrem Use – Cases an. Nimm deine Hauptnutzergruppe und deren Haupt Use – Case. Bilde daraus einen MVP. Gedanklich solltest du die Website so konzipieren, dass du nachher auch die anderen Use Cases abbilden kannst, aber das ist an dieser Stelle sekundär. Selbstverständlich wird jemand in dem Meeting sitzen und mit einem solchen Use – Case ankommen, vor allem, wenn ihm einer deiner Entwürfe nicht gefällt. Oder wenn deine Entwürfe vom Ursprung (siehe oben) abweichen. Bereite dich gedanklich darauf vor und lege dir Argumente zurecht.
Zeige bei jedem Entwurf die Stärken und die Schwächen auf. Vielleicht gibt es bei der Vorstellung noch eine weitere Idee oder es wird ein Hybrid aus deinen Entwürfen. Fasse dies nicht als Kritik auf, sondern als konstruktives Feedback. Denn ihr alle wollt zusammen eine großartige Website machen. User Experience gibt es nicht nur für euren Kunden, sondern auch intern in deinem Team. Lass dein Team daher partizipieren.
Mache mindestens 3 konträre Entwürfe, die alle Probleme deines Nutzers auf unterschiedliche Art und Weise lösen!
UX Fehler: „Wir können das vorab nicht testen, das ist geheim!“ oder „Wir wissen was der Nutzer will!“
In vielen Industrien ist Geheimhaltung noch der Status Quo. Dies zieht sich dann durch das gesamte Unternehmen. Im Internet verhält es sich anders. Für die UX ist es unerlässlich zu testen. Dabei ist nicht nur das reine technische Testen gemeint, sondern eben auch das Testen des Produkts mit dem Endnutzer.
Solltet ihr diese Möglichkeit nicht haben, dann versucht es ohne Branding zu platzieren. Auch kleine Tests helfen euch weiter. Ein Nutzer am Anfang zu testen ist wesentlich wertvoller als 100 am Ende (Steve Krug). Wenn ihr an keine ‚echten‘ Nutzer kommt, versucht es mit Repräsentativen Nutzern. Der größte UX Fehler im Erstellen einer Website oder eines Produkts ist es, dieses nicht vor dem Live Gang zu testen. Ihr Erstellt die Website schließlich für eure Nutzer und nicht für euch. Also lasst ihn nicht außen vor.
Tests müssen nicht immer Usability Tests mit dem Standardablauf sein. Auch Guerilla Tests, A/B Tests oder kleine Usability Tests im Rahmen eines Usability Testessens sind gängige Mittel, mit denen ihr grundlegendes Testen könnt.
Ohne Tests ist es nicht mehr als ein Ratespiel
Stakeholder, Product Owner aber auch UXer haben die Angewohnheit zu behaupten, dass sie genau wissen was der Nutzer will. Das ist falsch! Ich sage immer über meine Konzepte im ersten Entwurf: „Ich rate auch nur. Ich kann vielleicht aufgrund von Erfahrung und Wissen besser raten als manch anderer, aber im Endeffekt ist es raten!“ Viele Kunden schauen dann schon einmal schräg, weil Sie sich ja meine Expertise explizit einkaufen. Aber meine Expertise ist eine Expertise der Methodik und dazu gehört das Testen grundlegend dazu. Ich kann meine Hypothesen nur beim Testen validieren.
Lasst euch nicht sagen, dass jemand genau weiß was der Nutzer will. Das weiß oft der Nutzer nicht einmal selbst. Beobachtet wie euer Nutzer mit dem Produkt interagiert. Schaut wo er Fehler macht, wobei er frustriert wird, was ihn verwundert und was ihn begeistert. Nur dadurch könnt ihr eine richtig gute Website erstellen. Je schneller du iterierst, desto besser wird deine Website.
Teste so viel und so oft du kannst. Lass dein Team und alle Stakeholder am Testen oder zumindest an den Testergebnissen partizipieren!